Kreis – vom Dunkel ins Hell
Ich möchte euch heute folgende Übung vorschlagen: Der Kreis vom Dunkel ins Hell. Vielleicht habt ihr einen Zirkel zuhause oder verschiedene runde Gegenstände in unterschiedlichem Durchmesser, auf jeden Fall braucht ihr heute die runde Form. Und zwar so, dass ihr von innen nach außen größer werdende Kreisflächen im Durchmesser habt. Schön wäre, wenn ihr vier oder fünf Kreissegmente macht.
Nehmt ein Zeichenblatt in A3 und setzt den Kreis zentral oder leicht über die Hälfte des Blattes an. Dann zeichnet ihr mit zarten Bleistiftlinien die Kreisringe, sodass euer Auge sich anhalten kann und weiß, wo es ist, um zu arbeiten und ganz vorsichtig von Dunkel nach Hell zu gehen. Das heißt, ihr arbeitet heute mit Tusche oder zumindest mit Aquarellfarbe, mit einer Farbe und einem Farbton eurer Wahl und geht mit kleinen Elementen des Pinsels, am besten mit punktuellen Elementen, in jeden Kreisring in einer unterschiedlichen Nuancierung hinein.
Was heißt das? Ihr gestaltet das äußerste Kreissegment, den ersten Ring von eurem Kreis ganz dunkel. Dann bereitet ihr die Tusche im nächsten Segment etwas heller, bis ihr innen ankommt, so als ob das Licht strahlen würde, also von Dunkel nach Hell. Innen ist es am hellsten, aber nicht weiß, sondern es hat noch eine ganz wässrige Farbstimmung der Farbe, die ihr außen ganz dunkel genommen habt.
Das ist eine andere Übung des Übergangs von Dunkel nach Hell. Es ist eine so wichtige Übung, dass ich sie von verschiedenen Seiten immer wieder aufzäume, damit ihr das immer wieder übt, um es gut in die Hand zu bekommen. Diese Art von Dunkel ins Hell ist in diesem Fall etwas leichter, weil es in einer Kreisfläche immer denselben Farbwert hat. Also hier müsst ihr aufpassen, dass ihr innerhalb eines Segments gleichmäßig arbeitet und die Punkte in regelmäßigen Abständen zum nächsten Punkt setzt – zwischen den Punkten bleibt immer etwas frei, sie überlagern sich nicht mit dem nächsten – sodass es eine ganz ebenmäßige Fläche wird.
Auch im ganz Dunklen blitzen noch helle Pünktchen hervor. Der Abstand, die Verteilung der Punkte muss immer gleich sein, nur die Sättigung der Farbe ist eine andere. Das ist die Herausforderung. Eine Aufgabe, bei der man still wird, bei der man sich konzentrieren muss, bei der man, um ein schönes Feld zu erzeugen, ganz regelmäßig arbeiten muss. Es geht nicht darum, möglichst schnell zu sein, sondern darum, dass die Verteilung dieser Punktelemente möglichst ebenmäßig ist, sodass eine ruhige Fläche erscheint.
Nur durch die unterschiedliche Sättigung der Tusche erscheint die äußerste Kreisfläche im Vergleich zur inneren dunkel. Also das äußerste Kreissegment ist dunkel, das nächste etwas heller – die Punkte wieder im gleichen Abstand, nur die Tusche etwas heller, ihr müsst sie mit Wasser verdünnen und dann genauso sorgsam und ebenmäßig die Punkte verteilen, sodass wieder eine ruhige Fläche entsteht, die etwas heller als die erste ist.
Die dritte Fläche ist wiederum etwas heller, wiederum mehr Wasser dazu, die Punktelemente ebenso ebenmäßig. Die vierte ebenso, noch heller, noch mehr Wasser zur Farbe, aber gleichmäßig in der Verteilung. Die fünfte innere Kreisfläche ganz hell und ganz ebenmäßig. Damit eure Hand nichts verwischt, legt ihr am besten ein Blatt unter die arbeitende Hand, sodass ihr keine Verwischungen oder andere Unglücke in diese stille Arbeit hineinbringt.
Das ist eine schöne Übung, die gut in den Advent passt. Was symbolisiert sie? Der Kreis ist etwas Vollkommenes. So wie die Aufgabe heute von Dunkel nach Hell lautet, ist es eine Reise nach innen, von der äußeren Schicht tiefer einzudringen in die innere Schicht und noch ein bisschen und noch ein bisschen in die innerste Schicht, sodass es eine wunderbare, scheinbar stufenlose Reise vom Dunkel ins Licht ergibt.
Das Langsame der Arbeit hat mit dem Warten zu tun, mit dieser Spannung auf Weihnachten. Advent ist etwas, wo wir erwarten müssen, wo wir warten können müssen, wo wir die Einladung bekommen, still zu werden. In der Außenwelt erleben wir das Gegenteil, alle wollen schnell noch viel einkaufen, schnell noch viel erledigen. Aber das Zeichnen gibt euch die Möglichkeit, in die Stille zu gehen, in das Ebenmäßige, in das Gleichmäßige, in das Behutsame, in das Konzentrierte und damit in das Eigene, Innere, Stille, Ausgeglichene zu kommen. Ich hoffe, dass es euch guttut und euch auch viel Freude macht.
Ich wünsche euch sehr viel innere, ausgeglichene, konzentrierte Muße, ein schönes Ergebnis und eine schöne Woche.