Das Ei – Studie von Formen

Täglich halten wir ein Symbol für das Leben in unseren Händen oder genießen es am Teller. Das ist das Ei. Das Ei ist unmittelbar ein Fruchtbarkeitssymbol, in dem wir das Potential des Lebens vor uns haben, denn das Ei trägt in sich das Potential, dass neues Leben entsteht. Für uns Zeichner*innen ist das Ei in seiner Form interessant, weil es bei näherer Betrachtung eine faszinierende Form hat.

Ein Ei ist etwas Einmaliges, es gibt keine geometrische Bezeichnung, außer zu sagen, es ist eiförmig. Ein Ei hat auf der einen Seite ein spitzeres Ende und auf der anderen ein weicheres, gerundetes Ende. Natürlich ist die Spitze auch rund, aber stärker zusammenlaufend. Es gleicht auch kein Ei dem anderen und es gibt ganz unterschiedliche Größen, je nachdem von welchem Vogel ein Ei stammt. Das größte Ei ist das des Vogel Strauß. Das sind riesengroße Eier, entsprechend dem, dass das Ei ein großes Tier hervorbringt. Auf der anderen Seite gibt es kleine Mini-Vogeleier. Besonders im Frühjahr, wenn hin und wieder ein zerbrochenes Ei aus einem Nest gefallen auf der Straße liegt, sehen wir, wie klein gewisse Eier sein können. Am besten kennen wir das Hühnerei. Das haben wir wahrscheinlich täglich in irgendeiner Form in Verwendung, als Frühstücksei, beim Kochen oder zum Backen. Aber egal, welche Art, alle haben diese einzigartige Ei-Form.

Natürlich ist auch das Innere, das im Ei steckt, interessant und auch das ist eine fantastische Form, weil wir optisch zwischen Eiklar und Eidotter unterscheiden können. Dieser Eidotter wird links und rechts von Hagelschnüren gehalten, sodass der Dotter in der Mitte bleibt. Das ist eine wunderbare Situation, weil der Dotter sonst irgendwo wäre. Bei den älteren Eiern sieht man öfter, wenn man sie kocht, dass sich diese Hagelschnur etwas aufweicht und der Dotter ein wenig verrutscht. Wenn ihr die Schale aufschlägt und das Ei in eine Pfanne oder in eine Schüssel gebt, könnt ihr genau beobachten, wo die Hagelschnur ist. Beobachtet, wie dieses Eiklar herausfließt und in welche Position der Dotter kommt. Achtet auch darauf, wie es glänzt, es ist eine sehr glänzende Oberfläche. Je frischer das Ei, desto klarer begrenzt ist die Form des Eiklars. Es zerfließt nicht so sehr, sondern hat eine relativ kompakte Struktur in diesem gelee-artigen, gallertartigen Eiklar-Dasein. Wieder anders ist es, wenn das Ei gekocht ist. Wenn ihr das gekochte Ei schält und dann in der Mitte teilt, hat das Eiklar eine ganz andere Form und auch Farbe als ein rohes Ei und ebenso das Eigelb.
Ihr habt in diesem Impuls mehrere Arbeitsschritte mit dem Ei vor euch. Der Beginn ist, das Ei in der äußeren Form zu studieren. Da ist es besonders reizvoll, wenn ihr mehrere Eier nebeneinander studiert. Wenn das gelungen ist, könnt ihr ein Ei aufschlagen. Dabei ergibt die Schale in sich selbst, dort wo das Ei gebrochen ist eine interessante Form. Studiert also leere Eierschalen, ohne Ei. Nur die leere Eierschale mit diesen Bruchlinien.

Darauf folgt das Studium des Eis im Rohzustand, das Innere des Eis. Das heißt, ihr studiert mit dem Zeichenstift Dotter und Hagelschnur und die Form des Eiklars. Das ist ganz einfach, denkt nicht zu kompliziert! Runde Form für den Dotter, Kontur für das Eiklar und ansatzweiße Linien dort, wo die Hagelschnüre sind. Vielleicht noch eine Spur Glanz im Dotter. Nicht mehr. Danach studiert ihr ein aufgeschnittenes Ei, wenn es gekocht ist. Zum Abschluss einen Eischneider. Also dieses Drahtding, das die Eier in viele kleine Scheiben teilen kann. Da sind wunderbare Linien in diesen Drahtsaiten, die das Ei teilen. Das bietet fantastische Linien für uns zum Zeichnen und auch die Form selbst. Wenn ihr es auch mit einer Malerei versuchen wollt, könnt ihr auch Spinat und Spiegelei versuchen. Also ein Teller, Spinat und ein Spiegelei darauf.
Natürlich begleiten euch beim Zeichnen diese Gedanken daran, welches Potential von Leben im Ei steckt. Das Ei ist auch das Nahrungsmittel, das sämtliche Eiweißstoffe, die wir zum Leben brauchen, also alle essenziellen Aminosäuren, enthält. Leider wird es manchmal etwas problematisch besprochen, wegen des Cholesterins. In Wahrheit ist das Cholesterin, das im Ei ein sehr gutes ist, und vor allem sind die essenziellen Aminosäuren, die in einem perfekten Verhältnis für den menschlichen Körper im Ei enthalten sind. Es ist also ein sehr wertvolles Nahrungsmittel.

Es gibt zahlreiche volkskulturelle Brauchtümer um das Ei. Das ist allerdings ein eigenes Thema, wir beschäftigen uns in diesem Impuls rein mit der Form des Eies. Die äußere Form, das Innere der rohen Version und das Innere in der gekochten Version. Es geht um prinzipielle Formen. Die Konturerfassung von Ei, Eidotter, Eiklar, Eierschale, der gebrochenen Eierschale und der Eierschneider.

Ich wünsch euch bei diesem sehr fruchtvollen, lebensbejahenden Lebensmittel, das uns die Natur schenkt, sehr viel Freude und eine schöne Zeichenphase!