Elementare Ordnungen Teil 2

Im letzten Impuls habe ich über die elementaren Ordnungen gesprochen. Diese Grundordnung ist sehr wichtig für den Aufbau der Zeichnung oder des Bildes, das viele Möglichkeiten gibt, weiter zu bauen, weil sich das Gefühl für die Bildentwicklung verfeinert. Wo sind die Elemente kumuliert und welche Ordnung ergibt sich daraus? Wenn ihr diese Ordnungsübung genau durchdenkt und praktiziert, werdet ihr mehr Sicherheit in der Aufteilung und in der Verteilung der Elemente im Bild bekommen. Auch in der Natur, aus jeder Form der Natur, sind geometrische Formen ableitbar, auf verschiedene Art und Weise. In der vorangegangenen Übung habt ihr nun schon die geometrischen Grundformen geübt, wie sie sich auf einem Bild verteilen können. Das könnt ihr nun vertiefen und mit Formen der Natur verbinden.

Geht in die Natur und findet ein Blatt, das ihr dann zeichnet. Es kann ein Löwenzahnblatt sein, es kann ein Brennnesselblatt sein, ein junges Buchenblatt, Blätter der Hahnenfußgewächse, Salbei, Melissenkraut, was immer ihr in der Wiese oder am Wegrand oder im Wald findet. Studiert dieses Blatt ganz genau mit eurem Zeichenstift. Zeichnet die Kontur sehr sensibel, mit sehr vibrierender Linie. Beobachtet ebenso die inneren Äderchen genau und zeichnet sie. Die Mittellinie im Blatt ist eine feine Doppellinie, die sich nach außen hin verjüngt, zum Stiel hin erweitert sie sich ein bisschen.

Genau so geht ihr mit den anderen inneren Linien um, sie sind ganz eng, ganz zart und parallel gesetzt. Dadurch bekommt das Blatt einen Körper. Je nachdem, wo euer Blatt auf eurem Zeichenblatt sitzt, habt ihr damit schon eine elementare Ordnung geschaffen.

Nehmen wir an, euer Blatt sitzt in der Mitte eures Zeichenblattes, dann habt ihr die zirkuläre, punkthafte Ordnung gewählt. Ihr könnt das Blatt zeichnen, oder ihr könnt es pressen und collagieren. Dann versucht ihr herauszufinden, welche geometrischen Ordnungen sich von der vitalen Form des Blattes ableiten lassen. Vielleicht findet ihr mit dem Zirkel einen Punkt in eurem gezeichneten oder geklebten Blatt und geht bis zur Spitze des Blattes und zeichnet einen Kreis, sodass sich das ganze Blatt mit dem Stängel im Kreis befindet. Das ist eine Möglichkeit.

Ihr könnt die Äderchen von eurem Blatt mit dem Lineal weiter hinausziehen, ganz gerade, und schauen, welche geometrischen Formen sich in der Verlängerung daraus ableiten lassen. Gibt es Rechtecke, gibt es Dreiecke, gibt es Quadrate? Gibt es sogar Fünfecke, Sechsecke? Das alles kann sich entwickeln. Ihr könnt dieses Blatt auch in einem Quadrat einfassen und die Linien hinausziehen, sodass es außen eine Begrenzung hat. Ihr könnt die Linien weiter hinausziehen und ausprobieren, was es mit dem Zirkel für Überschneidungen gibt, indem ihr von einer Linie zu den anderen Bögen zieht.

Schaut, welche Form sich entwickelt, wenn ihr von jeder Verlängerung der Linie mit dem Zirkel einen Bogen zieht. Wie sich diese Kreise überschneiden und welche Ableitung von geometrischen Formen es daraus im Zusammenspiel gibt. Es ergibt sich ein Ornament. So sind die Ornamente entstanden, rein aus der Beobachtung der Natur. Probiert eine Möglichkeit aus, dass darin eine Spirale wohnt, ein Kegel, eine Pyramide. Alle diese geometrischen Formen habt ihr im Hinterkopf und experimentiert, welche Möglichkeiten in diesem Wunder der Natur eines Blattes wohnen.

Als weitere Übung für diese elementaren Ordnungen macht ihr eine Vergrößerung. Das kann dasselbe Blatt sein, aber es geht leichter, wenn ihr ein Foto nehmt, das in der Natur angefertigt habt, damit ihr heranzoomen, es also vergrößern könnt. Mit den elementaren Ordnungen im Hinterkopf könnt ihr spielerisch, wie bei der ersten Übung zu den elementaren Ordnungen mit gleich vielen kleinen Quadraten Vergrößerungen zeichnen.

Ihr könnt vitale Linien aus dem herausnehmen, was ihr vergrößert und damit spielen. Unterschiedliche Blickwinkel einnehmen und schauen, was euch an Möglichkeiten einfällt. Das funktioniert besonders gut, wenn ihr in einen Baum oder in die Landschaft hinein fotografiert und nur einen kleinen Teil herausnehmt. Ihr nehmt also eine realistische Situation, aber so vergrößert, dass letztendlich nicht mehr erkennbar ist, woher das kommt, nur mehr spürbar, dass es aus der Natur kommt.
Die erste Übung ist ein Naturstudium eines Blattes, aus dem heraus ihr eine Geometrie ableitet. Ihr habt mehrere Blätter und unterschiedliche Geometrien, ihr könnt es mehrmals zeichnen, aber immer nur ein Blatt auf einem Zeichenblatt. Entweder ihr kopiert euer Blatt oder klebt mehrere oder zeichnet verschiedene Blätter, wie ihr wollt. Aus jedem Blatt leitet ihr eine andere Geometrie ab. Die zweite Übung ist das Vergrößern. Ein Element aus der Natur, dass ihr so vergrößert, dass ihr das Ursprungsding nicht mehr erkennt.

Diese Übung geht also in absolute Abstraktion hinein, wo ihr mit den elementaren Ordnungen spielt, in den Vergrößerungen, die euch neue Blickwinkel eröffnen.

Ich wünsche euch sehr viel Muße und Freude und die Leichtigkeit des Ausprobierens und natürlich viele, viele spannende Entdeckungen!