Teatime – Stillleben

Ich möchte euch heute einen Impuls geben, der mit dem Innenraum zu tun hat. Wir unterscheiden drei große Gebiete des bildnerischen Gestaltens, was jedenfalls Zeichnung und Malerei betrifft. Das ist erstens der Außenraum, also alles, was mit Landschaft zu tun hat. Zum Zweiten beschäftigt sich Malerei und Zeichnung mit dem Innenraum, das betrifft alles, was mit Stillleben zu tun hat. Und schließlich als dritten großen Bereich das Portrait sowie die menschliche Figur. Diese drei großen Gebiete gibt es. Natürlich wurde das zu Beginn des 20. Jahrhunderts erweitert, um die neuen Möglichkeiten der Abstraktion und die gefundenen Objekte im Realismus, die Objekte aus dem alltäglichen Gebrauch, die wir schon fertig vorfinden.

Und so ein zweideutiges Objekt, das wir im Innenraum vorfinden und das wir aus dem täglichen Gebrauch herausnehmen, wollen wir heute zeichnen: Eine Teekanne mit Teetassen. Aber schöne, aus dem schönen Service, das ihr zuhause habt. Ihr gestaltet ein Setting mit der Teekanne und mit zwei Tassen, das natürlich viel erzählen kann. Ihr wisst, Erzählung ist nicht unbedingt das, was wir in der Zeichnung gerne hätten, sondern es geht um die Unmittelbarkeit des Ausdrucks.

Aber ihr könnt durch die Gestaltung des Settings sehr gut vermitteln, ob es sich um ein Gespräch mit Freunden handelt, oder ob das ein heikles Geschäftstreffen ist, bei dem man sich Tee anbietet, oder ob das eine Teestunde in Erwartung ist, zu dem die Gäste erst kommen werden. All das sind Möglichkeiten, die über dieses Stillleben, in unserem Fall über Teekanne und Teetassen, zum Ausdruck kommen, die sozusagen in der Arbeit sichtbar werden.
Dabei berühren wir auch ein Prinzip, das wir schon einmal anders geübt haben, nämlich die Größenverhältnisse: Es gibt eine große Teekanne und die, im Vergleich dazu, kleinen Teetassen. Wie ihr sie anordnet, ob sie horizontal – vertikal oder horizontal – diagonal in ihrer Verteilung sind oder eine zirkuläre Anordnung finden, das sind elementare Grundordnungen im Aufbau des Bildes.

Ihr könnt euch auch vorher einen Raster zeichnen, wo ihr die Elemente hinsetzt, dann ist es leichter, die vitalen Formen von Teekanne und Teetasse sichtbar zu machen. Ihr werdet sehen, dass mit dem Raster sehr viel Grundstruktur und Ruhe in die Zeichnung kommen. Stillleben beinhaltet das Wort Stille. Stillleben mit drei L, es heißt nicht „Stil-Leben“, sondern „Still-Leben“, weil es von „Stille“ kommt. In diesem Fall könnt ihr das so wunderbar über eine Teestunde zum Ausdruck bringen.

In Österreich haben wir eher eine Kaffeekultur, aber es gibt Länder, in denen Tee ein wichtiger, fixer Bestandteil des Tagesablaufs ist. Um elf Uhr ist Teatime, um fünf Uhr ist Teatime und dazwischen findet man immer einen guten Grund, um eine Teatime zu machen – dabei denke ich an England, dort hat man das so schön kultiviert.

So eine Teatime, eine Tee Zeit, hoffe ich, dass ihr Freude habt zu gestalten. Denkt an die Qualität der Linie, das ist das Um und Auf der Zeichnung. Atmet gut ein, streckt euch, atmet gut aus. Spürt euch, versetzt euch hinein, was es euch bedeutet, Tee mit jemandem zu trinken. Vielleicht macht es auch einen Unterschied, ob es ein Kräutertee ist, oder ein Schwarztee, ein Grüntee, ein Früchtetee, ein Schnapstee, oder ein Tee mit Milch. Da gibt es viele, viele Sorten und unterschiedliche Arten, Tee zu trinken. Versetzt euch in diese Stimmung und zeichnet.

Ich wünsche euch sehr gutes Gelingen!