Konstruktion einer Fassade

Wir haben das letzte Mal den Raster anhand der Fassade geübt, und deren waagrechte und senkrechte Linien beobachtet und studiert. Wenn wir von Fassaden sprechen, kommen uns natürlich ganz unterschiedliche Formen unter, wie Dreiecke, runde Öffnungen, Bögen und so weiter. Aber auch diesen Formen, die genauso geometrisch sind, liegt immer ein Raster zugrunde. Falls ihr vielleicht in der letzten Übung schon vorgegriffen und diese Spezialformen einbezogen habt, so bitte ich euch, wirklich dieser Raster-Idee mit nur waagrechten und senkrechten Linien zu folgen und es noch einmal auszuprobieren.

Es ist eine grundlegende Übung für jedes bildnerische Gestalten, genauso wie für die Architektur. Das geht so weit, dass die ersten Architekturzeichnungen und Entwürfe immer auf Millimeterpapier stattfinden. Wenn wir uns im Raum orientieren möchten, ist es am einfachsten, sich ein kariertes Blatt zu nehmen oder waagrechte und senkrechte Linien zu zeichnen, sodass ein Raster entsteht. Das gilt ganz besonders, wenn wir uns mit Fassaden von Häusern beschäftigen, wie wir es im letzten Impuls begonnen haben.

Heute möchte ich das gerne weiterentwickeln, und zwar, indem ihr eine eigene Fassade entwerft. Eine spannungsreiche und interessante Fassade, mit Öffnungen, Türen und Fenstern, aber nur mit waagrechten und senkrechten Linien. Es geht nicht nach einer bestimmten Logik, im Sinne von: Wie viele Fenster sind in einer Reihe, alle sind gleich groß und regelmäßig und die nächste Reihe ist genau gleich. Das darf sehr unterschiedlich sein. Aber dennoch hat eure Fassade den Raster im Hintergrund, im Gefühl.

Ihr könnt euch auf einem ersten Blatt den Raster zeichnen, aber in der zweiten Zeichnung lässt ihr ihn weg, weil ihr dann schon wisst, wie die horizontalen und vertikalen Linien funktionieren. Sie können Fenster und Fensterkreuze bilden, sie können Türen bilden, sie können große und kleine Elemente bilden, nahe zusammen oder weiter auseinander sein, leicht verschoben und so weiter. Diese Fassade entwerft ihr. Ihr macht keine Dreiecke und keine Rundungen, das verwirrt nur. Nur senkrechte und waagrechte Linien. Ihr könnt die Fenster und Türen mit Doppellinien gestalten, ihr könnt sie kleinteilig, mit vielen Fensterscheiben gestalten, oder große Fenster entwerfen. Es muss etwas Spannendes ergeben. Es muss eine Fassade sein, bei der ihr das Gefühl habt, wenn ihr daran vorbeigeht und diese Fassade seht, möchtet ihr unbedingt in dieses Haus einziehen. Das macht Fassade.

Fassaden sind das Gesicht eines Hauses, sie ziehen uns an und locken uns hinein. Wie wir heute wissen, ist die Fassade nicht immer dem entsprechend, wie es im Inneren ist. Oft ist die Fassade viel prächtiger als das Innere des Hauses. Inzwischen hat sich in den USA eine eigene Berufsgruppe entwickelt, die sich mittlerweile auch hier etabliert hat, ein Studium im Rahmen der Architektur, das sogenannte Surface-Design.

Also Oberflächendesign, bei dem Fassaden entwickelt und neu gedacht werden. Mit den heutigen Methoden kann eine Fassade interaktiv sein, mit Lichtspielen und Farbwechseln und so weiter. All das könnt ihr euch vorstellen und auch Farbe in eure Fassaden mithineinnehmen. Aber am interessantesten bleibt die Verteilung der Fenster und Türen eurer Fassade. Ob das ein Fenster ist, oder ein großes und ein kleines Fenster, eine Tür, oder viele kleine Fenster und ein paar große, oder eine ganz regelmäßige Verteilung wie in der Renaissance, das werdet ihr selbst ausprobieren. Vielleicht gelingen euch auch mehrere Fassaden, sodass ihr diese unterschiedlichen Verteilungen ausprobieren könnt.

Ich wünsche euch bei diesem Unternehmen sehr viel Inspiration. Geht hinaus und schaut euch die Fassaden an, ihr werdet ganz unterschiedliche Fassaden feststellen, wo auch immer ihr seid. Und dann entwerft ihr eine Fassade, die vielleicht inspiriert ist von euren Beobachtungen, aber die eure eigene ist.

Eure eigene Fassade, die entwerft ihr. Alles Liebe!